Aktionsplan Kupierverzicht: Der Anfang vom Ende des Kupierens?

Im Zweifel für den Ringelschwanz. Das soll der neue Aktionsplan Kupierverzicht fördern. Demnach dürfen Tierhalter künftig die Ringelschwänze ihrer Ferkel nicht mehr ohne weiteres kürzen. Betriebe, die weiterhin kupierte Schweine einstallen, müssen eine Tierhaltererklärung abgeben, mit der nachgewiesen werden muss, dass das Kupieren aus tiermedizinischer Sicht unvermeidlich ist. Die Bundesländer reagieren damit auf die Forderung der EU, nicht-kurative Eingriffe zu verbieten.

Zur Tierhaltererklärung gehört auch die Durchführung einer Risikoanalyse. Darin müssen Maßnahmen zur besseren Vermeidung von Schwanzbeißen und Verletzungen dokumentiert werden. Alternativ haben Tierhalter die Möglichkeit, eine Kontrollgruppe mit unkupierten Tieren zu halten. Gelingt die Haltung in dieser Kontrollgruppe, soll die Anzahl unkupierter Schweine Schritt für Schritt erhöht werden.

Gerade Schwanzbeißen zählt zu den großen Herausforderungen in der Schweineproduktion. Es beeinträchtigt das Wohlergehen der Tiere und führt zu Verletzungen, Nekrosen und Verwürfen. Zugleich hat das vorbeugende Entfernen des Ringelschwanzes in der Öffentlichkeit einen schlechten Ruf als rein profitgesteuerte Maßnahme und schadet somit dem Image von Landwirtschaft und Fleischbranche. Nicht zuletzt deswegen ist ein richtiger flächendeckender Kupierverzicht auf Dauer wünschenswert.

Es muss also eine nachhaltige, tierwohlgerechte Lösung für die Problematik des Schwanzbeißens gefunden werden. Ein Anstieg der Verletzungen kann jedenfalls nicht die gewünschte Folge des Aktionsplans sein. Neben den oben erwähnten gesundheitlichen Problemen würde dies für die Halter weitere erhebliche Nachteile mit sich bringen: weniger vermarktungsfähige Tiere, höherer Behandlungsaufwand und verminderte Leistung aufgrund von mehr Stress.

Viele Punkte entscheidend

Die Ursachen für das Auftreten von Schwanzbeißen sind noch nicht vollständig geklärt. Unbestritten ist aber, dass viele verschiedene Faktoren von Bedeutung sind. Dazu gehören Besatzdichte, Stallklima, Gesundheit und vor allem Stress. Neben langfristigen und grundlegenden Veränderungen des Haltungssystems (Gebäude, Management, Belüftung, Gruppengrößen) sind für die Schweineproduzenten weitere Unterstützungsmaßnahmen möglich. Eine wichtige Stellschraube ist die Fütterung.

Stress reduzieren, Tierwohl stärken

Mit Hilfe der richtigen Futterzusätze kann hier schon bei der Fütterung entgegengewirkt werden. Sie bieten eine Möglichkeit, die Tiere im Umgang mit täglichen Stressoren wie Krankheiten und Umwelteinflüsse zu unterstützen und zu stärken. Davon profitiert auch die Fleischqualität. Denn nur vitale und gesunde Tiere sind glückliche Tiere und können ihre beste Leistung abrufen.

Eine Möglichkeit könnte ein neuartiger Futterzusatz bieten, der die Stressresistenz der Tiere erhöht. In der Versuchsanstalt Schwarzenau wurde ein solcher Zusatz getestet. Hierbei handelt es sich um eine Verbindung aus speziell ausgewählten Hopfenkomponenten und einer Kombination aus hochverfügbaren Magnesium.

Anti-Stress-Zusatz

Hopfen (Humulus lupulus) wird traditionell als Naturarznei für den Menschen eingesetzt. Die nachweislich beruhigende und stresslindernde Wirkung ist auf spezielle Bestandteile in der Pflanze zurückzuführen. Sie wirken unter anderem auf das zentrale Nervensystem, haben einen beruhigenden Effekt und unterstützen eine gute Nachtruhe. Die hochwirksamen Bestandteile der Hopfenpflanze gilt es hier gezielt einzusetzen. Das ist für den spezialisierten Futterzusatz MagPhyt gelungen. MagPhyt verbindet Hopfenbestandteile mit einem weiteren wichtigen Verbündeteten im Kampf gegen Stress: Magnesium.

Seit Jahrzehnten gilt Magnesium als Anti-Stress-Mineral. Es reduziert stressbedingte Hormone, wie sie zum Beispiel bei Schweinen während des Transports vermehrt ausgeschüttet werden. Hoch bioverfügbare Magnesiumquellen reduzieren die Auswirkungen von Stress. Experten gehen davon aus, dass die Zugabe von Magnesium durch die Verknüpfung mit dem Nervensystem die Fähigkeit zur Stressbewältigung verbessert.

Das Ziel der oben genannten Untersuchung war es, den Effekt auf Leistung und Verletzungen eines Futterzusatzes aus speziellen Hopfenbestandteilen und hoch bioverfügbarem Magnesium (MagPhyt) in der Ferkelaufzucht zu bewerten.

Wirkung im Versuch bestätigt

Die Wirksamkeit wurde durch eine unabhängige Studie der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) gezeigt. Dieser Futterzusatz ist eine spezielle Kombination aus ausgewählten Verbindungen aus Hopfen und hoch bioverfügbarem Magnesium (MagPhyt, Dr. Eckel Animal Nutrition, Niederzissen, Deutschland).

 

Tabelle 1: Versuchsaufbau

80 Ferkel wurden zu gleichen Teilen in vier Gruppen aufgeteilt (Tabelle 1). Für alle Tiere wurden zwei Fütterungsphasen durchgeführt (Phase I: bis zu 16 kg LG; Phase II: bis zu ca. 28 kg LG). Das Kontrollfutter basierte auf Weizen-, Gersten- und Sojamehl, und der Zusatzstoff wurde mit 4 kg pro Tonne im Austausch für Weizen zudosiert. Durch die Einbeziehung des Futterzusatzes stieg der Magnesiumgehalt der Nahrung in Phase I von 2,2 auf 2,8 g/kg und in Phase II von 2,2 auf 2,6 g/kg. Die wöchentliche Bewertung des Kotes, die durchgeführt wurde, weil höhere Magnesiumwerte möglicherweise einen negativen Einfluss haben, zeigte, dass die Konsistenz in allen Gruppen normal war (Note 2).

Bei den Ferkeln der Gruppe 1.2 und 2.2 (Langschwanztiere) wurde der Grad des Schwanzbisses zweimal pro Woche von derselben Person beurteilt. Die angewandte Beurteilung wurde von der Bayerischen Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft in früheren Studien entwickelt.

Futterzusatz ermöglicht gleiche Gewichtszunahme bei nicht kupierten Schweinen.

Ferkel wurden mit circa 8,5 kg LG eingestallt, während das Experiment bei einem durchschnittlichen LG von 9,2 kg begann. Nach der Fütterung der Phase I (FAZ I) betrug das LG durchschnittlich 16,2 kg. Nach sechs Wochen, bei einem durchschnittlichen LG von 27 kg, wurde der Versuch beendet.

Die durchschnittliche tägliche Zunahme der Gruppen über die gesamte Studie ist in Abbildung 1 dargestellt. Es wurde beobachtet, dass die Gruppen, die den Zusatz erhielten, besser abschnitten als die jeweiligen Kontrollgruppen. Beide kupierten Gruppen zeigten außerdem eine höhere tägliche Gewichtszunahme im Vergleich zu den unkupierten Ferkeln. Insgesamt war die tägliche Gewichtszunahme der MagPhyt-aufnehmenden Ferkel im Vergleich zu den anderen Gruppen signifikant höher (+ 10,6 %, verglichen mit der Kontrolle am Schwanz). Ein weiteres bemerkenswertes Ergebnis war, dass dieser Futterzusatz die Leistung der unkupierten Ferkel bis zu dem Niveau steigerte, das auch mit den kupierten Tieren erreicht wurde.

Abbildung 1: Tageszunahme


Signifikante Reduktion des Schwanzbeißens

Im Vergleich zur Kontrollgruppe verbesserten sich alle Bewertungsparameter in der Behandlungsgruppe. Die Behandlung mit dem Futterzusatz hatte daher einen positiven Einfluss auf diese stressbedingten Verhaltensprobleme

 

Abbildung 2: Häufigkeiten von Verletzungen nach 6 Wochen

 

 

a) Schwanzverletzungen

Schwanzverletzungen traten in beiden Gruppen ohne kupieren auf (Abbildung 2), aber die Gruppe, die MagPhyt erhielt, war in geringerem Maße betroffen. In der Kontrollgruppe waren die ersten Verletzungen bereits in der ersten Woche sichtbar. In der Gruppe mit Zusatz wurden etwa eine Woche später erste Verletzungen beobachtet. Bis zur vierten Woche nahmen die Verletzungen in beiden Gruppen zu. Am Ende der Studie zeigten 45% der Tiere in der Kontrollgruppe leichte bis schwere Anzeichen von Verletzungen. In der Gruppe mit Futterzusatz wurde ein deutlich geringerer Anteil von 17% beobachtet. Die Mittelwerte des gesamten Experiments lagen bei 1,07 gegenüber 0,90.

 

b) Schwanzverluste

Die Futtermittelzusatzgruppe zeigte auch einen geringeren Prozentsatz schwerer Schwanzverluste (Gesamtverlust des Schwanzes in Gruppe 1,2: 10% gegenüber 0% in Gruppe 2,2) und es wurden bessere Durchschnittswerte erzielt (Kontrolle: 1,05, Behandlung: 0,90).

 

c) Blutungen und Schwellungen

Die Blutungswerte stiegen ab der dritten Woche. In den Wochen 5 und 6 wurden innerhalb der Futtermittelzusatzgruppen signifikant bessere Werte ermittelt, die sich in den niedrigeren Durchschnittswerten widerspiegeln (Kontrolle: 0,30, Behandlung: 0,17). Die Schwellungen nahmen in beiden Gruppen ab Woche 3 zu. Allerdings wurden in der Behandlungsgruppe weniger starke Schwanzschwellungen beobachtet und der Anstieg der schlechten Noten war langsamer (mittlerer Schwellungsgrad, Kontrolle: 0,53, Behandlung: 0,42). In den Wochen 3 und 5 wurden signifikante Unterschiede festgestellt (Kontrolle: 95 %, Behandlung: 73 %).

 

Unterstützung für Tierwohl und Leistung

Der Futtermittelzusatz aus Hopfenverbindungen und hoch bioverfügbaren Magnesiumquellen hatte nachweislich positive Auswirkungen auf Tierwohl und Leistung.

Die kupierten Ferkel zeigten mit MagPhyt eine höhere tägliche Gewichtszunahme. Die Langschwanzferkel, die diesen Futterzusatz erhielten, erreichten die gleiche tägliche Gewichtszunahme wie die Kontrollgruppe mit kupierten Ferkel.

Bei unkupierten Tieren traten Verletzungen und Blutungen im Zusammenhang mit dem Schwanzbeißen später, seltener und weniger stark ausgeprägt auf, wenn der Futterzusatz verwendet wurde. Die Studie konnte damit zeigen, dass MagPhyt als ergänzende Maßnahme zur Unterstützung der Produktivität und des Tierwohls angesehen werden kann.

Mehr Tierwohl, mehr Möglichkeiten

Die Verbesserung des Tierwohls bringt nicht nur Vorteile für das Tier und die Fleischqualität. Die gesamte Wertschöpfungskette profitiert davon. Denn mit mehr Tierwohl wächst auch die Effizienz der Tiere. Das spart zusätzlich Ressourcen, erhöht die Margen und steigert die Gewinne. Zudem können neue Märkte erschlossen und neue Kunden erreicht werden.

Mit seiner Tierwohlinitiative unterstützt Dr. Eckel die Akteure entlang der Wertschöpfungskette dabei, wichtige Tierwohlparameter bereits ab der Fütterung zu verbessern und somit zugleich den gesellschaftlichen Erwartungen gerecht werden und die Leistung der Tiere zu fördern. Das Ziel ist es, nachhaltige Lösungen zu entwickeln, die sich an Tier, Mensch und Umwelt orientieren.