Synergieeffekte von Hopfen und Magnesium auf Leistung und Verhalten von Ferkeln

Anne Möddel, Dr. Michael Wilhelm, Tilman Wilke

Dr. Eckel Animal Nutrition GmbH & Co. KG, Deutschland

 

Tierwohl als besondere Herausforderung

In den meisten Ländern gewinnt das Tierwohl immer mehr an Bedeutung. Angesichts der beständigen Stressoren, denen die Tiere ausgesetzt sind, und der damit verbundenen Probleme für die Tierhalter stellt dies eine besondere Herausforderung dar. Eine wichtige Rolle spielt dabei das Stressniveau der Tiere. Stress wird als äußerer Einflussfaktor gesehen, der zu einer Belastung des Nervensystems führt. Die Tiere leiden darunter und können verhaltensauffällig werden. Diese Faktoren können als Indikatoren für das Wohlergehen der Tiere betrachtet werden. Die Ferkelerzeugung bringt zahlreiche Stressfaktoren mit sich, etwa durch Haltung, Aufzucht, Transport, Rangkämpfe, Hitze und schlechte Luftqualität, bei gleichzeitig fehlender Möglichkeit des Auslebens der natürlichen Verhaltensweisen. Ein Anzeichen von Stress ist das Schwanzbeißen (Caudophagie) in Produktionssystemen, in denen aufgrund von Tierschutzrichtlinien auf das Schwanzkupieren verzichtet wird. Dies wird z. B. in den Ländern der EU, die eine Reduzierung des Schwanzkupierens anstrebt, künftig häufiger auftreten. Neben langfristigen, grundsätzlichen Änderungen im Produktionssystem zur Verbesserung des Tierwohls (Stallaufbau, Management, Belüftung, Gruppengrößen) sind auch weitere unterstützende Maßnahmen sinnvoll. Eine  Möglichkeit könnte hier eine neue Art von Futterzusatz sein, welche die Stressresistenz der Tiere steigert.

Innovative Kombination

Hopfen (Humulus lupulus) ist für seine beruhigende Wirkung bekannt und wird traditionell auch beim Menschen als natürliches Anti-Stress-Mittel angewendet. Diese Wirkung ist auf verschiedene Mechanismen im Organismus zurückzuführen. Insbesondere ist eine erhöhte Aktivität des Botenstoffs Gamma-Aminobuttersäure (GABA) im Zentralnervensystem festzustellen. Dies hat einen beruhigenden und sogar schlaffördernden Effekt.

Magnesium ist ein Mineral, dem seit vielen Jahren eine stressreduzierende Wirkung nachgesagt wird. Seine Verwendung als Ergänzungsmittel in der menschlichen Ernährung und im Tierfutter zeigt verschiedene Wirkungsweisen. Es werden weniger Stresshormone ausgeschüttet, z. B. bei Schweinen während des Transports. Insbesondere die sehr gut bioverfügbaren Formen von Magnesium wirken stressmindernd auf Schweine, was z. B. am Cortisolgehalt im Blut und an der Fleischfarbe deutlich wird. Es ist davon auszugehen, dass Magnesium als Futterergänzung die Anti-Stress-Fähigkeit der Tiere verbessert, indem es die Weiterleitung bestimmter Reize im Nervensystem unterbindet.

Dieser Untersuchung liegt die These zugrunde, dass ein aus Hopfen und sehr gut bioverfügbarem Magnesium bestehender Futterzusatz (MagPhyt) eine beruhigende Wirkung auf Mastschweine hat und somit den Verletzungsgrad und die Häufigkeit des Auftretens des Schwanzbeißens bei nicht schwanzkupierten Tieren reduziert. Ziel des Versuchs war es, die Häufigkeit und den Verletzungsgrad von stressbedingtem Schwanzbeißen bei Mastschweinen nach dem Absetzen zu messen und den Einfluss auf die Leistung zu ermitteln.

Wirksamkeit in unabhängigem Versuch bestätigt

Die Effektivität von MagPhyt wurde in einer unabhängigen Studie, die an der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) durchgeführt wurde, bestätigt. Dieser Futterzusatz (von der Dr. Eckel Animal Nutrition GmbH, Niederzissen, zur Verfügung gestellt) ist eine Kombination aus speziell ausgewählten Hopfenbestandteilen und den sehr gut bioverfügbaren Formen von Magnesium (Magnesiumfumarat und -acetat).

80 Ferkel wurden gleichmäßig auf vier Versuchsgruppen (in einer 2 x 2-Versuchsanordnung) verteilt (schwanzkupiert/nicht schwanzkupiert x mit Zusatzstoff/ohne Zusatzstoff, vgl. Tabelle 1). Die Futtergabe erfolgte über automatische Abrufstationen mit integrierter Futterverwiegung für das Einzeltier. Wöchentlich wurde die Lebendmasse (LM) am Einzeltier erfasst.

Der Versuch gliederte sich für alle Tiere in zwei Fütterungsphasen (Phase 1: bis 16 kg LM; Phase 2: bis ca. 28 kg LM). Hauptbestandteile des Kontrollfutters waren Weizen, Gerste und Sojaextraktionsschrot. Der Zusatzstoff wurde mit einer Dosierung von 4 kg je Tonne (0,4 Prozent) im Austausch gegen Weizen eingemischt. Durch die Zulage des Futterzusatzstoffes erhöhte sich der Magnesiumgehalt im Futter von 2,2 auf 2,8 g/kg in Phase I und von 2,2 auf 2,6 g/kg in Phase II. Bei der wöchentlichen Kot-Bewertung, die wegen der potentiell negativen Auswirkungen eines hohen Magnesiumgehalts erfolgte, wurde bei allen Gruppen eine normale Beschaffenheit festgestellt (Note 2).

 

Tabelle 1: Versuchsanordnung

Bei den Ferkeln der Gruppen 1.2 und 2.2 (nicht schwanzkupierte Tiere) wurde zweimal pro Woche der Verletzungsgrad der Schwänze von derselben Person bewertet. Das dabei verwendete Bewertungsschema wurde im Zuge früherer Studien von der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft erarbeitet.

 

Tabelle 2: Bewertung von Schwanzverletzungen bei nicht schwanzkupierten Ferkeln

Ergebnisse und Fazit

Futterzusatz mit positivem Einfluss auf die Gewichtszunahme bei nicht schwanzkupierten Schweinen

Die Ferkel wurden mit ca. 8,5 kg LM eingestallt und mit durchschnittlich 9,2 kg LM in den Versuch genommen. Nach Futterphase I (Ferkelaufzuchtfutter 1) betrug die LM im Mittel 16,2 kg. Nach sechs Wochen und einer LM von 27 kg im Mittel wurde der Versuch beendet.

Die täglichen Zunahmen im Mittel aller Gruppen über den gesamten Versuchsverlauf gehen aus Abbildung 1 hervor. In den Gruppen, die den Zusatzstoff MagPhyt erhielten, war eine bessere Leistung als bei den jeweiligen Kontrollgruppen festzustellen. Bei beiden schwanzkupierten Gruppen war die tägliche Gewichtszunahme höher als bei den nicht schwanzkupierten Ferkeln. Insgesamt wurden bei den schwanzkupierten Ferkeln mit MagPhyt signifikant höhere tägliche Zunahmen erzielt als in den anderen Versuchsgruppen (+ 10,6 %, im Vergleich zur schwanzkupierten Kontrollgruppe). Ein weiteres bemerkenswertes Ergebnis war die durch den Futterzusatz gesteigerte Leistung der nicht schwanzkupierten Ferkel, die das Leistungsniveau der schwanzkupierten Tiere erreichte.

Abbildung 1: Tägliche Gewichtszunahme

 

 

Signifikante Minderung des Schwanzbeißens

Verletzungen traten in beiden nicht schwanzkupierten Gruppen auf (Abbildung 2), doch die MagPhyt-Gruppe war davon weniger stark betroffen. In der Kontrollgruppe waren erste Verletzungen bereits in der ersten Woche zu erkennen. In der Gruppe mit dem Futterzusatz zeigten sich die ersten Verletzungen etwa eine Woche später. Die Verletzungen nahmen in beiden Gruppen bis zur vierten Woche zu. In der letzten Versuchswoche wurden bei 45 % der Tiere in der Kontrollgruppe leichte bis schwere Verletzungen festgestellt. In der MagPhyt Gruppe waren es mit 17 % deutlich weniger. Bei Versuchsende betrugen die Mittelwerte 1,07 gegenüber 0,90.

 

 

 

Tage

Abbildung 2: Verlauf von Schwanzbeißen: Bewertungsnoten (Verletzungen, Blutungen, Schwellungen) bei nicht schwanzkupierten Ferkeln mit MagPhyt und ohne Futterzusatz

Der Verlauf der Blutungen zeigt einen Anstieg ab der dritten Woche. In den Wochen 5 und 6 ergaben sich in den Futterzusatzgruppen signifikant bessere Bewertungen, die sich in niedrigeren Mittelwerten niederschlagen (Kontrolle: 0,30, Futterzusatz: 0,17). Schwellungen traten in beiden Gruppen ab der 3. Woche vermehrt auf. Allerdings war die MagPhyt Gruppe davon weniger stark betroffen und der Anstieg verlief in dieser Gruppe langsamer (Mittelwert/Schwellung, Kontrolle: 0,53, Futterzusatz: 0,42). In den Wochen 3 und 5 waren signifikante Unterschiede festzustellen (Kontrolle: 95 %, Futterzusatz: 73 %).

Zudem war der Anteil der schweren Schwanzverluste in der Futterzusatzgruppe geringer (vollständiger Schwanzverlust in Gruppe 1.2: 10 % gegenüber 0 % in Gruppe 2.2, vgl. Abbildung 3) und es wurden im Mittel bessere Bewertungsnoten erreicht (Kontrolle: 1,05, Futterzusatz: 0,90).

 

 

 

Abbildung 3: Verletzungen und Schwanzbeißen: Bewertungsnoten nach 6 Wochen

 

Im Vergleich zur Kontrollgruppe war in der Futterzusatzgruppe bei allen Parametern im Hinblick auf das Schwanzbeißen eine Verbesserung zu verzeichnen. Demnach hatte der MagPhyt einen positiven Einfluss auf diese stressbedingte Verhaltensstörung.

 

MagPhyt fördert Tierwohl und Leistung

Der Futterzusatz MagPhyt aus Hopfenbestandteilen und sehr gut bioverfügbarem Magnesium hatte eine positive Wirkung. Sowohl bei den schwanzkupierten als auch den nicht schwanzkupierten Ferkeln entwickelten sich der Futterverbrauch und die täglichen Zunahmen besser als bei den jeweiligen Kontrollgruppen. Bei der täglichen Gewichtszunahme lag die Futterzusatzgruppe der nicht schwanzkupierten Tiere mit der schwanzkupierten Kontrollgruppe gleichauf. Die schwanzkupierten Ferkel zeigten mit MagPhyt eine höhere tägliche Zunahme. Bei den nicht schwanzkupierten Tieren, die den Futterzusatz erhalten hatten, traten durch Schwanzbeißen hervorgerufene Verletzungen und Blutungen zu einem späteren Zeitpunkt sowie seltener (geringere Häufigkeit) und weniger ausgeprägt (geringerer Verletzungsgrad) auf. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass der Einsatz von MagPhyt als ergänzende Maßnahme zur Steigerung der Produktivität und des Tierwohls in der Schweineproduktion betrachtet werden kann.